Hilfe für Kinder sucht- und psychisch kranker Eltern

Keine Einzelfälle

Die Dunkelziffer liegt deutlich höher, glaubt Johanna Klink.  Sie leitet seit Januar das Projekt „Kinder sucht- und psychisch kranker Eltern“ des Diakonischen Werks Westerwald und weiß, dass solche Schicksale schon längst keine Einzelfälle mehr sind. Ganz im Gegenteil: „Inzwischen ist es ein extrem verbreitetes Phänomen, das leider immer noch ein Tabu ist“, sagt Johanna Klink. Das Projekt möchte nicht nur den Betroffenen helfen, sondern auch deren Umfeld mobilisieren.

Stress und Schuldgefühle

„Die Familien, die von Sucht und psychischen Erkrankungen betroffen sind, leben oft in einem Teufelskreis“, sagt die Pädagogin. „Kinder, die in solchen Familien groß werden, übernehmen schon früh die Verantwortung innerhalb der Familie, da sie sich auf ihre Eltern nicht mehr verlassen können. Sie wissen nie, in welcher Verfassung ihre Eltern heute sein werden. Das löst bei den jungen Menschen großen Stress und massive Schuldgefühle aus.“ Die traurige Folge: Kinder, die in suchtbelasteten Familien aufwachsen, haben ein sechsmal höheres Risiko, selbst suchtkrank zu werden.

Vertrauenspersonen sind wichtig

Johanna Klink berät diese Kinder und deren Eltern in Einzelgesprächen und in Gruppen. Und sie lädt sie immer wieder zu niedrigschwelligen Angeboten ein. „Das können Ausflüge und Freizeiten sein, auf denen die Kinder positive Erfahrungen machen und lernen, Vertrauen aufzubauen“, sagt die Expertin. Denn Vertrauenspersonen sind gerade in solchen Fällen wichtig. „Mit verlässlichen Bezugsperson außerhalb des Elternhauses haben die jungen Menschen viel größere Chancen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen“, sagt Johanna Klink. Solche Personen können Nachbarn, LehrerInnen, TrainerInnen oder ErzieherInnen sein.

Es braucht "Kümmerer"

Neben der Einzeltherapie ist es Johanna Klinks Aufgabe, diese Menschen zu sensibilisieren und zu schulen – durch Vorträge und Weiterbildungen an Schulen und Kitas, durch Öffentlichkeitsarbeit und das Bilden von Netzwerken. „Alleine schaffen wir das nicht“, sagt Johanna Klink angesichts der hohen Zahlen. „Deshalb brauchen wir Menschen aus dem Umfeld der Betroffenen. Diese `Kümmerer‘ haben im Diakonischen Werk einen verlässlichen Ansprechpartner, an den sie sich wenden können, wenn sie in einer Familie Dinge beobachten, die stutzig machen. Und der sie berät und ermutigt, wenn es darum geht, Betroffenen zu helfen.“

Johanna Klink bietet im Projekt „Kinder sucht- und psychisch kranker Eltern“ regelmäßige Sprechstunden an und ist unter Telefon 02663/943026 erreichbar.

 Im Detail: Seit acht Jahren Hilfe für Kinder aus belasteten Familien

2014 konnte das Diakonische Werk Westerwald mit Fördermitteln der Glücksspirale und der Paulinenstiftung eine Fachstelle für die Netzwerkkoordination "Kinder aus suchtbelasteten Familien" einrichten. Zwar liefen die Fördermittel 2017 aus; das Projekt lief dank Eigenmitteln trotzdem weiter. 2021 gab es dann einen Kooperationsvertrag mit dem Jugendamt des Westerwaldkreises auf der Basis des Landesgesetzes zum Schutz von Kinderwohl und Kindergesundheit.

 

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