Kinder mit psychisch oder suchterkrankten Elternteilen unterstützen

Wertschätzung hilft schon viel

Über Möglichkeiten sprechen, Kindern von psychisch oder suchterkrankten Elternteilen zu helfen, wollten die Teilnehmer eines Fachnachmittages im Westerburger Rathaussaal. Im Rahmen des „Westerburger Dialogs“ hatte das Diakonische Werk in Westerburg zu einem Vortrag mit Filmbeiträgen und Podiumsgespräch zum Thema „Psychische Gesundheit in Familien“ eingeladen, dem rund 40 Teilnehmende gefolgt waren.

Als Referentin war die Systemische Supervisorin und Buchautorin Dagmar Wiegel von der „Stiftung Leuchtfeuer“ in Köln eingeladen, die psychisch kranke Eltern und ihre Kinder unterstützt. „Angehörige sind immer mitbetroffen, wenn Sucht oder psychische Erkrankungen Familien belasten“, so Wiegel.

Man schätzt, dass knapp 4 Millionen Kinder bundesweit mit einem sucht- oder psychisch erkrankten Elternteil aufwachsen. Das wären knapp 10 000 Minderjährige allein im Westerwaldkreis. Wiegel machte darauf aufmerksam, dass schon wertschätzende Ansprache betroffene Kinder unterstützen könne. „Wertschätzung kann den Unterschied machen! Ansprechpersonen, Zuneigung und ein vertrauter Kreis helfen den Kindern und Jugendlichen sehr.“

Kinder sind belastet

Denn die Belastungen für die Kinder sind enorm. „Sie versuchen ihre Eltern und ihre familiäre Welt vor äußeren vermeintlichen Angreifern zu schützen“, führte Wiegel aus. Reaktionen der Kinder können sein, dass sie in der Familie Teile der Elternrolle übernehmen, sich aus Freundschaften mit Gleichaltrigen zurückziehen, weil sie sich für ihre häusliche Situation schämen und unter Vernachlässigung, Überforderung, Verunsicherung und Selbstzweifeln leiden. Statistisch haben diese Kinder ein drei- bis sechsfach höheres Risiko selbst später eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung zu erleiden, so Wiegel.

Hilfen im Diakonischen Werk

Im Anschluss stellten auch die Organisatorinnen des Fachnachmittages, Sucht- und Sozialtherapeutin Anna Weißheim und Sozialarbeiterin Patricia Cloudt vom Diakonischen Werk Westerwald, ihre Arbeit vor. Sie betonten, dass Informationen über die Krankheit Kinder unterstützen könne. „Wissen erhöht Sicherheit. Das hilft den Kindern unangenehme Situationen mit den kranken Elternteilen zu überstehen.“

Vernetzte Akteure

Im Anschluss tauschten sich unter Leitung von Dagmar Wiegel in einer Podiumsdiskussion Frank Müller, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle im Diakonischen Werk, Kristin Andree, Koordination Netzwerke Kinderschutz und Frühe Hilfen beim Jugendamt Westerwaldkreis, Monika Meinhardt, Koordinationsstelle für Psychiatrie bei der Kreisverwaltung Westerwaldkreis, Reiner Kuhmann, Mitarbeiter der Suchtberatungsstelle und Thomas Dreiner, Leiter Sozialdienst der Rhein-Mosel-Fachklinik über vernetzte Hilfen aus. Ihre Empfehlung:

Seien Sie eine Vertrauensperson für ein betroffenes Kind – ein einziger motivierender Satz könne bereits helfen-, bieten Sie Stabilität, ermöglichen Sie dem Kind mit Fachleuten zu sprechen, und nehmen Sie gegebenenfalls selbst Unterstützung in Anspruch. Weitere Informationen gibt es unter: Tel.: 02663/9430-26 oder patricia.cloudt@diakonie-westerwald.de.

Zum Projekt
Das Projekt zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die mit einem psychisch oder suchtkranken Elternteil aufwachsen, besteht bereits seit 2014 beim Diakonischen Werk Westerwald. Von 2014 bis 2020 wurde das Projekt aus verschiedenen Förder-, bzw. Eigenmitteln finanziert. Es beruht seit 2020 auf der Basis der Novellierung des rheinland-pfälzischen Landesgesetztes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG). Die Durchführung des Projektes auf Grundlage des Landesgesetzes zum Schutz von Kinderwohl und Kindergesundheit 2020 kann somit auf einem bereits bestehenden Netzwerk aufbauen. Dabei ist der Projektträger das Diakonische Werk Westerwald. Das Projekt findet seit 2021 in Kooperation mit dem Westerwaldkreis statt.

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